Josef Turóczi-Trostler: Der historischer Roman aus Siebenbürgen. (Makkai Sándor: Táltoskirály, Genius, 1934.) Pester Llyod, 1934. április 14. Der Bischof Alexander Makkai (geb. 1890)
Josef Turóczi-Trostler: Der historischer Roman aus Siebenbürgen. (Makkai Sándor: Táltoskirály, Genius, 1934.) Pester Llyod, 1934. április 14. Der Bischof Alexander Makkai (geb. 1890) verkörpert heute am reinsten den Geist jenes siebenbürgischen Kalvinismus, der trotz tiefster, bluthafter Erd- und Raumverbundenheit stets seiner schöpferischen Mittel-stellung zwishen West und Ost sich bewußt blieb. Es ist ein engeres, aber intimeres, innerweltlicheres, von slawischem und germanischem Einfluß weniger durchsetztes, aber nicht minder europanahes, geschichtsbetontes Ungar-tum, das liier zum Durchbruch kommt. Es bietet geschichts- und religionssoziologisch eine Fülle von Problemen, die noch der Lösung oder zumindest der Bewältigung harren. Wenn irgendwo, so läßt sich hier die immer wieder diskutierte Frage nach einer „siebenbürgischen Form” aus den Fugen heben. Lückenlos weist die Ahnenreihe Makkais bis auf den Cartesianer Apáczai zurück. Makkai begann als Lyriker und Erzähler. (Seine ersten Versuche blieben indessen eine siebenbürgische Angelegenheit. Dann kamen zwei Wefke, eine eigenwillige, einseitige Deutung Adys, ein nicht minder eigenwilliger historischer Roman aus dem Zeitalter der Báthory, die Widerspruch und Interesse erregten, Novellen, Essays, die Beachtung fanden. Nun liegt sein zweier historischer Roman vor. Er unterzieht sich hier einer unvergleichlich schwierigeren Aufgabe als im ersten. Die peinlichen Fragen, die sich bei jeder Arf historischer Belletristik einstellen, vor allem: wie sind Kultur, Gegenwarts- und Ortsgebunden-heit des Erzählers, moderne menschen- und seelenkund-liche Erkenntnis in Einklang zu bringen mit der Kategorie der Vergangenheit, wie ist die Gefahr zu meiden, daß positives Wissen nicht zum Selbstzweck werde, daß es vielmehr aufgehe in der Atmosphäre, eingehe in Blut und Atem, daß jedwede Ferne – höchster Reiz geschichtlicher Ertzählungskunst ihren magischen Zauber wahre, ohne in Gespenslersucbt, Totengräherei, falsche, tränenselige Romantik auszuarten, – diese Fragen stehen auch diesmal im Vordergrund, sie belasten auch das künstlerische Gewissen Makkais. Die Form, in der sie beantwortet werden, entscheidet über Wert und Unwert geschichtlicher Evokation. Makkais Verlebendigung gilt einer der dunkelsten, unbekanntesten Zeilwenden ungarischer Geschichte, dem Raum, in dem die Katastrophe von 1241 (Einfall der Tataren) sich abspielen soll, vor allem aber der durchaus problematischen, unberechenbaren, undurchsichtigen Erscheinung des Königs Béla IV. Das Schicksal dieses Königs, wie es in der Auseinandersetzung mit seinem Volk, dem Vater, den unbotmäßigen Großen, den politischen, seelischen, religiösen Mächten der Zeit zur Entfaltung kommt, ist als Nährboden und speisende Quelle der Handlung gedacht. Doch es ist außerstande, sich episch zu bewähren, es mündet vielmehr nach kühnen, besten Ansätzen und Anläufen in den Bereich des Psycho-Pathologischcn. Makkai beherrscht diesen Bereich ir allen Tiefen und mit einer Technik der Entlarvung, die gar nicht historische Ferne vortäuschen möchte, sondern durchaus der Gegenwart’ zugekehrt ist. Mythisches und Fernzauber zerrinnen im Lichte rationaler Zergliederung. Ähnliches gilt für den wichtigsten Mitträger aus des Königs Umgebung, Dénes Tomaj: er wird einfach zum geschichts- und kulturphilosophischen Sprachrohr des Erzählers. Was hier fehlt, findet sich dagegen im höchsten Maße in den Einzelheiten, im Hintergrund, bei den Nebenträgern: vergegenwärtigte Vergangenheit, Magie der Ferne, konkrete epische Fülle. Hier ist alles gewachsen, geworden; Raum und Menscli atmen dieselbe Luft; Zeit und Sprache folgen dem gleichen Gesetz; Seele, Geist, Körper, Kleid führen kein Sonderleben. Die Schilderung Székler Menschenart und Landschaft zeugt von empfindlicher Meisterschaft. Auch östliches Wesen ist ohne viel ethnographi§jBfien Schmuck und Prunk gut begriffen und umrissen.
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